Denken strengt an aber lohnt sich

Portait eines Mannes, Denkst du noch oder glaubst du schon? 
Denken strengt an aber lohnt sich
Bild: Ilja Pawel

Nie war es einfacher an Informationen zu kommen, Das Internet ermöglicht uns, sämtliche Quellen des menschlichen Wissens zu suchen und zu finden. Also, alles kinderleicht, oder etwa doch nicht? Denken strengt an, aber lohnt sich.

Mal Hand aufs Herz, wer kann denn noch behaupten, in diesem Labyrinth von Wissen das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen zu können. Die seriösen Informationsquellen zu unterscheiden von den Scharlatanen, Quacksalbern und Verschwörungstheoretikern, die die sozialen Medien auch bevölkern. War es früher eventuell sogar einfacher, in der „guten alten“ Zeit? Ja und Nein, behaupte ich in diesem Beitrag.

Wie es früher war

Es gab bestimmte Institutionen, die über jeden Zweifel erhaben waren. Das gesammelte Wissen war in Gestalt von Enzyklopädien und Lexika abrufbar. Abseits der offiziellen Quellen gab es keine Alternativen. Für den einzelnen war es schwer, sich Gehör zu verschaffen. Die Menschen hatten im Grunde keine Wahl; sie mussten es glauben. Dies machte das System anfällig für Manipulationen. Wer die wenigen Quellen kontrollierte konnte über ganze Völker bestimmen. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns genügend Beispiele, in denen dies ausgenutzt wurde.

Wie es heute ist

Heutzutage kann jeder seine Meinung im Internet verbreiten. Die sozialen Medien erlauben jedem, eine große Reichweite aufzubauen und daran ist nichts falsch. Es steht jedem frei, selbst aktiv zu werden und seine Meinungen nicht nur zu denken sondern auch zu verbreiten. Viele, wahrscheinlich die meisten, haben dabei wirklich das Ziel, anderen zu helfen. Und jedem gelingt es auf seine Art und Weise mal besser und mal schlechter. Mir steht es natürlich nicht zu, über die Qualität zu urteilen. Aber ich möchte die Gelegenheit nutzen und zu mehr eigenem Denken aufrufen. Denn: Die Verantwortung jedes einzelnen eine eigene Meinung zu haben ist durch die neuen Möglichkeiten gestiegen.

Heute sind die Informationsquellen viel dezentraler, es ist mithin viel schwieriger, diese zu manipulieren. Ein riesiger Fortschritt und auch ein Grund, warum in manchen demokratieferneren Ländern (um nicht zu sagen Diktaturen) das Internet zensiert wird. Ohne diese Einschränkungen wäre eine Manipulation so vieler verstreuter Quellen unmöglich.

Auf der anderen Seite ist es für jeden einzelnen zunehmend schwer, zu wissen, wie gut bzw. wie wahr die konsumierten Informationen sind. Was fehlt sind Bewertungsmaßstäbe, nach denen man diese Informationen bewertet. Wir alle müssen aber unsere eigenen Qualitätsmaßstäbe entwickeln. Jeder Einzelne muss für sich selbst seinen Rahmen abstecken, was er/sie für richtig hält. Sei es die richtige Ernährung, diverse Fitnessprogramme oder auch die eigene Meinung zu aktuellen Geschehnissen. Und das erfordert nun mal selbstverantwortliches Denken. Wir können natürlich nicht in jedem Gebiet Experte sein. Umso wichtiger ist es, ein Gespür dafür zu entwickeln, wem man auf welchem Gebiet vertrauen sollte. Ein ernstzunehmender Faktor ist der sogenannte Halo-Effekt. Davon spricht man, wenn die Kompetenz auf einem Gebiet auf andere Gebiete ausstrahlt. Eine gesunde Portion Skepsis schadet aber nicht.

Warum Zweifel nicht schlecht sein müssen

Ich behaupte übrigens nicht, den Königsweg für zweifelsfreies Denken zu kennen. Vielmehr glaube ich, dass Zweifel kein schlechtes Zeichen sind. Sie weisen auf eigenständiges Denken und Infragestellen der Meinung anderer hin.

Zweifel an Erkenntnissen sind vor allem eines: ziemlich natürlich und oft unvermeidbar bei komplexen Sachverhalten. Wissenschaftler versuchen Modelle und Erklärungen zu finden. Naturgemäß sind diese nie hundertprozentig korrekt und zweifelsfrei. Schnelle und einfache Antworten wären wünschenswert. Konstruktives Zweifeln und Infragestellen ist anstrengend, treibt aber die Erkenntnis voran. Oder anders gesagt: Denken strengt an aber lohnt sich.

Komplexe Fragen, einfache Antworten?

Die Menschen suchen nach Rat und Orientierung in der heutigen Zeit, weil sich uns so viele Möglichkeiten bieten. Das macht das Entscheiden schwierig. Es ist verständlich, dass man nach einfachen Lösungen sucht. Nach einer Hilfe, die komplexen Zusammenhänge zu verstehen (Bitte nicht komplex mit kompliziert verwechseln. (Mehr dazu im Beitrag Komplexität und Kompliziertheit). Wir fürchten uns vor dem Kontrollverlust und sehen als Ausweg die Flucht in simplen Erklärungen und einfachen Antworten. Denn Menschen streben immer nach einem kohärenten Weltbild und der jederzeitigen Kontrolle über das Leben. Wir suchen Bezugspunkte und Anker für schwierige und ungewisse Situationen.

Verschwörungstheorien liefern solche einfach gedachten Antworten auf komplexe Fragen. Manche Influencer lecken dann schon mal Klobrillen ab (Stichwort Coronavirus) oder verbreiten bedeutungsschwangere oder unheilvolle Posts Impfpflicht, Weltverschwörungen und anderen Themen. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn sie nicht allein aufgrund ihrer hohen Reichweite eine große wahrgenommene Autorität haben würden. Aber macht eine hohe Reichweite allein jemanden zu einer Autorität?

Nehmen wir als zweites Beispiel die Astrologie: Kürzlich habe ich gelesen, dass sich Astrologie gerade zu einem Milliardenmarkt entwickelt. Was soll der Glaube, dass bestimmte Sternenkonstellationen Einfluss auf unser Schicksal nehmen? Sterne sind glühend heiße Ansammlungen von Wasserstoff, Helium und anderen Gasen. Noch dazu viele Lichtjahre von der Erde entfernt. Warum sollten sich die Sterne denn für uns winzige Geschöpfe auf einem weit entfernten Planeten interessieren?

Die Astrologie behauptet, für alles eine Antwort zu kennen. Sie reduziert das Komplexe auf das Einfache, gibt Ratschläge und findet Antworten auf die Fragen, welche die Wissenschaft nur schwer oder gar nicht beantworten kann. Dieser Drang nach der Kontrolle nimmt in Krisensituationen verständlicherweise noch zu. Leider handelt es sich um eine Illusion der Kontrolle. Denn: Die Astrologie erklärt rein gar nichts.

Jeder muss für sich selbst denken

Die Verantwortung jemand anderem zu geben ist der leichte Weg. Wir sind nicht schuld, falls sich nicht die gewünschten Ergebnisse einstellen. Aber ist das richtig?

Es mag verlockend sein, jemand anderen für sich denken und entscheiden zu lassen, weil es leicht ist. Aber Stopp, hier machen wir es uns zu einfach. Jeder muss selbst verantwortlich für sein Denken, Entscheiden und auch Handeln sein. Oder wer gibt gerne freiwillig die Verantwortung für sein Leben aus der Hand? Vielleicht interessiert dich auch folgender Artikel: Wie wir denken zu denken.

Schlussworte

Ein Wort noch zum Abschluss: Jeder darf frei im Internet seine Meinung äußern. Und nicht jedem müssen diese Meinungen gefallen. Ich gehe sogar noch weiter und sage, es ist schwierig, von falschen und wahren Informationen zu reden. Es gibt Personen, die gezielt Falschinformationen verbreiten. Die sozialen Plattformen sollen nun selbst die sogenannten „Fake-News“ herausfiltern und sperren. Daran ist nichts falsch. Allerdings wird dann diese Aufgabe wiederum in fremde Hände gelegt. Wir kommen nicht daran vorbei uns durch eigenständiges und kritisches Nachdenken eine eigene Meinung zu bilden. Das ist anstrengend und schwer aber alternativlos.

„Und das macht sie erst so richtig fertig. Das Denken.“

Robert M. Pirsig

Daher mein Appell. Überlasst das Denken nicht anderen. Das mag der leichte und einfache Weg sein, aber es ist leider der falsche. Denn: Denken strengt an aber lohnt sich.

Ich bin mir bewusst, dass meine Meinung durchaus kontrovers ist. Mich würde deine Meinung zu diesem Thema wirklich interessieren. Ich freue mich über jeden Kommentar.

Herzliche Grüße euer

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KOMMENTAR(E) (4)

  • Carsten Belletz
    Jun 16, 2020., 08:43 • Antworten

    "Ist zwivel herzen nachgebur, daz muoz der sele werden sur" beginnt Wolfram von Eschenbach um 1210 seine Parzival. Das Problem des Zweifelns ist also keineswegs ein Neues und es hat nicht einmal unbedingt etwas mit der Verfügbarkeit von Wissen zu tun, denn im Mittelalter konnte kaum jemand lesen und schreiben. Wenn wir nun hieraus aber ableiten, die Menschen vor 800 Jahren wären deshalb „einfacher“ gewesen, dann liegen wir falsch. Der Zweifel hat rein gar nichts damit zu tun, wie viel Wissen wir besitzen, sondern er ist schlicht der Fluch des Intellekts, des „rationalen Denkens“ und davon ist jeder ab IQ 50 aufwärts betroffen. Der Parzival schildert im weitesten Sinne den Selbstfindungstrip eines Ritters zu sich selbst und damit zu Gott. Ja, zu Gott, auch wenn der Begriff heute etwas aus der Mode gekommen ist, da uns die Machenschaften der christlichen Kirche zu autoritär und dogmatisch erscheinen. Dennoch streben wir Menschen zeitlebens nach der Überwindung des Zweifels. Wir wollen Sicherheit, Geborgenheit, Ruhe, Frieden und immer wieder müssen wir feststellen, dass dies wir dies nur temporär erreichen, vielleicht für ein paar Minuten, vielleicht auch in einem längeren Rausch, dem sich dann aber doch wieder ein Kater unweigerlich anschließt. Dennoch bleibt uns die Hoffnung, irgendwann den Zustand einer vollständigen inneren Stabilität zu erreichen und zwar wenn es geht, noch vor unserem Ableben. Nach Wolfram von Eschenbach ist das möglich, aber nur, wenn wir den mitunter schmerzhaften Weg zu uns selbst gehen und zwar bedingungslos und unbeirrbar. In besagtem Roman lässt er seinen überaus talentierten und von der Natur bestens ausgestatteten Protagonisten großen, weltlichen Erfolg haben. Wir können in ihm einen echten „Gewinner“ sehen. Er geht aus allen seinen Kämpfen siegreich hervor, erobert ein Königreich und eine schöne Frau. Dennoch ist er unzufrieden, von innerer Rastlosigkeit ergriffen und darüber hinaus wird er auch von seiner Umwelt aufs schwerste getadelt und verstoßen. Erst durch einen langen, einsamen Weg der Selbsterfahrung ist er in der Lage, die Misere, die ihm aus seinem Erfolgsstreben erwuchs, zu überwinden. Die Antwort liegt in der Entwicklung von Mitgefühl, von Empathie sowie in der Bereitschaft, für begangene Sünden Buße zu tun und Demut zu üben. Die Antwort liegt in der Setzung spiritueller Ziele und damit die Überwindung materieller Anhaftung, die die großen ökologischen und sozialen Probleme der Moderne verursachen. Wir leben in einer Zeit, in der das kollektive „Mindset“ das Ausmaß einer materiellen Religion angenommen hat. Jeder will ein „Gewinner“ sein, doch stellt sich die Frage: Was machen wir als Gesellschaft eigentlich mit den ganzen „Verlierern“, die aus dieser Geisteshaltung notwendigerweise hervor gehen? Sitzen wir nicht doch alle in einem Boot. Ich meine, so als ganze Menschheit. Jesus war aus heutiger Sicht ein ganz schöner Loser und er bewies seine Botschaft „Liebet einander“, indem er sich selbst ans Kreuz nageln ließ. Auf diesem Akt fußt unsere gesamte abendländische Gesellschaft und die Frage ist: Haben wir uns nicht doch ein ganzes Stück von Jesus entfernt (der bestimmt ein unheimlich angenehmer Zeitgenosse gewesen ist. Wünscht sich nicht jeder einen Kumpel wie Jesus?) Und damit haben wir uns von Gott entfernt, weil wir „Gott“ ablehnen, da er zu oft von den Mächtigen für die Durchsetzung von Eigeninteressen missbraucht wurde. „Gott“, so können wir dieses eine Prozent nennen, das die Wissenschaft niemals erforschen können wird. Gott ist der fehlende Puzzlestein, der uns zu innerer Sicherheit verhilft. Er lehrt uns die Demut und führt uns die eigene Unvollkommenheit vor Augen und mit seiner Anerkennung finden wir Vollkommenheit in dieser Unvollkommenheit. Optional können wir hierfür auch Begriffe wie, das „Universum“ bemühen. Ein Blick in den Sternenhimmel verrät uns das Gleiche: die eigene Nichtigkeit und die Zugehörigkeit zu einem höheren Ganzen, das wir mit allem Intellekt niemals verstehen, geschweige denn kontrollieren können, von dem uns niemals mehr als nur eine Ahnung bleiben wird. Die Anerkennung dieser Nichtigkeit, die Bewusstmachung der eigenen Endlichkeit ermöglicht es uns, Altruisten zu werden. Wieso? Weil es fetzt, mit einem Altruisten Zeit zu verbringen. Nur sind die leider damals wie heute stark in der Unterzahl und werden mitunter an Kreuze genagelt, um dem Rest zu beweisen, dass sie es ehrlich meinen mit ihrer Selbstlosigkeit. Der Mainstream ist „homo oeconomicus“ und damit ein bekennender Egoist. Eine Gesellschaft aus Egoisten aber wird den Planeten früher oder später vernichten, weil die alle mit sich selbst beschäftigt sind und wie sie es schaffen, „Gewinner“ zu werden. Die Menschheit ist zu allen Zeiten auf des Erscheinen so genannter Propheten angewiesen, deren Wirken das Fordauern der menschlichen Spezies zumindest noch einmal verlängert. Das sind Leute wie Jesus, Gandhi, der Dalai Lama, Martin Luther. Leute, die ihre Ideen am eigenen Beispiel vorlebten und damit Millionen von Menschen Hoffnung gaben. Propheten freilich finden sich auch im kleineren Maßstab und deshalb sollten wir uns immer an dem Guten orientieren, das wir in unseren Mitmenschen entdecken. In jedem steckt schließlich ein Stückchen Jesus und sein Weg lehrt uns, dass es nicht einfach ist und ohne Schmerzen geht es nicht. „Per aspera ad astra“. Carsten Belletz PS: Vielen Dank für die Erstellung dieser Seite. Ich finde deine Ansätze sehr gut und habe bei der Erstellung dieses Kommentars nicht einmal gezweifelt.

    • Ilja Pawel
      Jun 16, 2020., 13:30 • Antworten

      Lieber Carsten, zunächst einmal vielen herzlichen Dank für deinen Kommentar. Übrigens der erste zu einem meiner Blogartikel. Das sind die Momente, die mich motivieren. Deine Beschreibung des Parzival und seines Weges zur Selbsterkenntnis finde ich sehr beeindruckend. Ich bin nicht religiös, dennoch finde ich die Einsicht, dass der Weg zur Erkenntnis über die Akzeptanz der eigenen Unvollkommenheit und der Demut vor dem Universum führt, sehr einleuchtend. Etwas weniger Egoismus täte nicht nur uns gut sondern auch unseren Mitmenschen und letztendlich auch der Natur. Ilja Pawel

  • Carsten Belletz
    Jun 17, 2020., 09:47 • Antworten

    Lieber Ilja, ich freue mich, wenn ich dich durch meinen Kommentar motivieren konnte und ich bin so frei, deshalb noch einen weiteren zu schreiben. Ich habe alle deine Artikel gelesen und stelle fest, dass du dich auf das weite Feld der Philosophie begeben hast, dem „Dach der Wissenschaften“ auf der Suche nach einem „glücklichen Leben“ (wenn man Erfolg einmal so definieren möchte). Ich finde das unheimlich gut und wichtig, dass sich Leute wie du ernsthaft mit den Problematiken unserer Zeit auseinandersetzen. Du betrachtest dich selbst als Unternehmer und möchtest in der Wirtschaft etwas erreichen. Philosophie und Wirtschaft nun unter einen Hut zu bringen ist ein sehr kunstvoller Spagat und es gab nicht nur einen Philosophen, der diese beiden Begriffe als gegenpolig ansah oder letzterem zumindest sehr kritisch gegenüberstand (Aristoteles, Diogenes, Laotse). Am ehesten trifft dein Anliegen dann wohl der Begriff „Business Ethics“ und das nun ist ein Feld, auf dem wir als Gesellschaft im Ganzen eine globale Vorreiterrolle übernehmen können und sollten. Geld verdienen und anständig dabei bleiben ist ein wirklich hohes Ziel. Nach meiner persönlichen Erfahrung hat „Erfolg“ im herkömmlichen Sinne (hohes Einkommen, Popularität usw.) der skrupellose Opportunist (Stichwort: Dunkle Triade). Zwar können wir Dinge nur auf der Mikroebene verändern (also uns selbst) aber um einen Blick auf die Makroebene kommen wir auf Dauer nicht herum. Du hast angesprochen, dass weniger Egoismus uns allen gut tun würde und auch den Naturschutz erwähnt. Genau dies sind die beiden zentralen Punkte um die es mir auch geht. Wie bereits angesprochen, bekommen wir den Egoismus in heutigen Zeiten verordnet. Friedrich v. Hayek, einer der Gründerväter unserer Gesellschaftsordnung, die er als die „Erweiterte Ordnung“ bezeichnete, hat in seinem letzten Buch „Die verhängnisvolle Anmaßung“ all seine Thesen einmal zusammengefasst und ich persönlich fand die Lektüre sehr erschütternd. Nach ihm kommen wir nicht umhin, unsere Gefühle zu unterdrücken (Gefühl = Freude?) und uns egoistisch und durchweg kompetitiv zu verhalten. Wer eigennützig handelt, so Hayek, der handelt im Sinne der „Erweiterten Ordnung“, also auf der Makroebene, altruistisch. Wer viel Geld verdient ist also ein guter Mensch. Als globale Ziele benennt Hayek 1. die Mehrung des materiellen Wohlstandes und 2. weiteres Bevölkerungswachstum. Die menschliche Natur aber (und das wusste auch Hayek) ist eine altruistische / kooperative. Der Mensch hat zehntausende Jahre in kleinen Gruppen gelebt, in denen Stammessolidarität und Zusammenarbeit auf der Basis von Instinkten und Vertrauen möglich und wichtig waren. Auch ich behaupte an dieser Stelle einmal, dass genau dies uns Freude bringt - der gemeinsame Jagderfolg und vor allem auch ein persönlicher Bezug zum Gesamtprodukt, eine „sinnstiftende Tätigkeit“, von der wir in vielen Teilen der Wirtschaft nun einmal leider sehr weit entfernt sind. Oder wer stellt schon aus Überzeugung die Klobürste mit eingebautem Radio her? Du gehst sehr strukturiert, sorgfältig und in kleinen Schritten vor und du hast den Mut, deine Erkenntnisse zu veröffentlichen. Auch bist du dir bewusst, dass das nur die Spitze eines wirklich großen Eisbergs ist und selbstverständlich lauern auf diesem Weg der Erkenntnis, den du beschreitest, viele Fallen. Die Philosophie ist ein großes Labyrinth und ich wünsche dir bei der Erforschung viel Kraft und auch Unterstützung durch dein Umfeld. Das ist unheimlich wichtig. Vielleicht hilft diesbezüglich ein Gleichnis aus der griechischen Mythologie, um das einmal zu verdeutlichen. Der griechische Held Theseus ging in das Labyrinth des Minos auf Kreta, um dort ein Ungeheuer, den Minotaurus zu erschlagen. Zwar fand er hinein und brachte auch die Kraft auf, mit dem Schwert erfolgreich zu arbeiten. Hinaus aber aus dem Labyrinth fand er nur wieder durch den Faden der Ariadne, das Wollknäuel, das sie ihm mitgegeben hatte. Vielleicht hilft dir das ein bisschen und dann kannst du auch anderen besser helfen. Ahoi, Carsten Belletz

    • Ilja Pawel
      Jun 26, 2020., 13:22 • Antworten

      Lieber Carsten, nochmals vielen Dank für deine ausführlichen Gedanken. Ich finde diese inspirierend. Viele Grüße Ilja

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